Das BAG hatte sich am 24.09.2019 (AZ. 9 AZR 481/18) mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Arbeitnehmer Anspruch auf Erholungsurlaub und damit am Ende auf Urlaubsabgeltung hat, der sich im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung in der Freistellungsphase befindet.
Sachverhalt:
Der Kläger war bei der Beklagten im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses beschäftigt. Ab dem 1.12.2014 setzten die Parteien das Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit der Hälfte der bisherigen Arbeitszeit fort. Nach dem vereinbarten Blockmodell war der Kläger bis zum 31.3.2016 im bisherigen Umfang zur Arbeitsleistung verpflichtet und anschließend bis zum 31.7.2017 von der Arbeitsleistung freigestellt. Während der Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erhielt er sein auf der Grundlage der reduzierten Arbeitszeit berechnetes Gehalt zuzüglich der Aufstockungsbeträge. Dem Kläger stand nach dem Arbeitsvertrag jährlich an 30 Arbeitstagen Urlaub zu. Im Jahr 2016 gewährte ihm die Beklagte an acht Arbeitstagen Erholungsurlaub. Der Kläger hat den Standpunkt eingenommen, für die Freistellungsphase der Altersteilzeit habe er Anspruch auf insgesamt 52 Arbeitstage Urlaub gehabt, den die Beklagte abzugelten habe.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
BAG-Entscheidung:
Auch die Revision des Klägers vor dem BAG hatte keinen Erfolg.
Nach § 3 I BUrlG beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, muss die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten (24 Werktage x Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht geteilt durch 312 Werktage).
Einem Arbeitnehmer, der sich in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses befindet und im gesamten Kalenderjahr von der Arbeitspflicht entbunden ist, steht mangels Arbeitspflicht kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub zu. Die Freistellungsphase ist mit „null“ Arbeitstagen in Ansatz zu bringen. Vollzieht sich der Wechsel von der Arbeits- in die Freistellungsphase im Verlauf des Kalenderjahres, muss der Urlaubsanspruch nach Zeitabschnitten entsprechend der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht berechnet werden. Die 8 Urlaubstage bezogen sich daher auf die Zeit der Arbeitsphase vom 01.01.2016 bis 31.03.2016.
Bei einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell sind Arbeitnehmer in der Freistellungsphase weder aufgrund gesetzlicher Bestimmungen noch nach Maßgabe des Unionsrechts Arbeitnehmern gleichzustellen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben. Diese Grundsätze gelten auch für den vertraglichen Mehrurlaub, wenn die Arbeitsvertragsparteien für die Berechnung des Urlaubsanspruchs während der Altersteilzeit keine von § 3 I BUrlG abweichende Vereinbarung getroffen haben.
Einmal mehr äußerte sich der EuGH zum Urlaubsrecht und stellt damit die deutsche Rechtslehre vor einige Schwierigkeiten.
Sachverhalt:
Die Beteiligten stritten darüber, ob die Erben von dem ehemaligen Arbeitgeber des Erblassers die Abgeltung von Urlaubsansprüchen in Geld verlangen dürfen, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers beendet wird.
Rechtlich unproblematisch ist die Situation, dass Erben eines Arbeitnehmers, der erst nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verstirbt, einen Abgeltungsanspruch für Resturlaub, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr in natura genommen werden konnte, gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber geltend machen können (BAG, Urteil vom 22.09.2015 – 9 AZR 170/14). Dieser Urlaubsabgeltungsanspruch ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Vermögen des Arbeitnehmers entstanden und kann folglich gem. § 1922 BGB im wegen der Universalsukzession auf die Erben übergehen.
Stirbt der Arbeitnehmer jedoch noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses, ist ein Urlaubsabgeltungsanspruch noch nicht entstanden und kann daher auch nicht Teil der Erbmasse sein. Darüber hinaus vertrat die deutsche höchstrichtliche Rechtsprechung bislang die Auffassung, dass der Erholungszweck des Urlaubs nach dem Tod des Arbeitnehmers nicht mehr erreicht werden könne (so noch BAG, Urteil vom 12.03.2013 – 9 AZR 532/11).
Anders entschied jedoch der EuGH am 06.11.2018 (C-569/16, C-570/16). Nach seiner Rechtsprechung können die Erben, wenn der Arbeitnehmer während des laufenden Arbeitsverhältnisses verstirbt, eine finanzielle Abgeltung des noch nicht genommenen Urlaubs von dem Arbeitgeber verlangen. Neben dem Erholungszweck misst der EuGH dem Urlaubsanspruch damit auch bereits vor Umwandlung in einen Abgeltungsanspruch einen Vergütungszweck bei. Die Folge ist damit, dass das deutsche Erbrecht (§ 1922 BGB) insoweit unionsrechtswidrig und daher unanwendbar ist. Für die Rechtslehre ein verstörendes Ergebnis, das allein zweckorientiert anmutet.
Dem BAG blieb gar nichts anderes übrig, als diese Rechtsprechung zu übernehmen. So geschehen bereits im Urteil vom 22.01.2019 (9 AZR 10/17).
Praxishinweis:
Diese Rechtsprechung gilt jedoch nur für den gesetzlichen Mindesturlaub. Arbeitsvertragliche Regelungen für vertraglich darüber hinaus gewährten Urlaub sollten jederzeit möglich sein, müssen aber ausdrücklich vereinbart werden.