Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 07.02.2019 – 6 AZR 75/18 klargestellt, dass ein arbeitsrechtlicher Aufhebungsvertrag nicht nach § 312g Abs. 1 BGB widerrufen werden kann.
Hintergrund
Das BGB sieht in den §§ 312 ff. BGB vor, dass Verbraucher in verschiedenen Konstellationen Verträge ohne Angabe von Gründen nach § 355 BGB widerrufen können. Nach § 312g Abs. 1 BGB steht Verbrauchern insbesondere bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht zu. Da nach Ansicht des BAG der Arbeitnehmer als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB einzuordnen ist, stellte sich die Frage, ob Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, der nicht in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers abgeschlossen wurde, unter Berufung auf § 312g Abs. 1 BGB widerrufen können.
Nachdem das BAG bereits mit Urteil vom 27.11.2003 (2 AZR 177/03) feststellte, dass die Vorgängerregelung des § 312g BGB (bis 12.06.2014 = § 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB a.F.), der ein Widerrufsrecht bei sog. Haustürgeschäften vorsah, auf arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge keine Anwendung fand, kamen die Erfurter Richter nun zur geltenden Rechtslage zum identischen Ergebnis. Ein gesetzliches Recht zum Widerruf eines Aufhebungsvertrages besteht nicht.
Sachverhalt des Urteils
Die Klägerin schloss in ihrer Wohnung im Beisein des Lebensgefährten ihrer Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag ab. Hiernach wurde das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung ohne Zahlung einer Abfindung beendet. Zwei Tage später erklärte die Klägerin die Anfechtung des Aufhebungsvertrages wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung. Gleichzeitig widerrief sie hilfsweise den Aufhebungsvertrag unter Berufung auf § 312g Abs. 1 BGB.
Entscheidung des BAG
Wie die Vorinstanzen kam das Bundesarbeitsgericht zum Ergebnis, dass kein Anfechtungsgrund vorliege. Zugleich stellte es klar, dass auch nach geltender Rechtslage ein arbeitsrechtlicher Aufhebungsvertrag nicht unter Berufung auf Verbraucherschutzvorschriften widerrufen werden könne.
Im Gesetzgebungsverfahren sei der Wille des Gesetzgebers deutlich geworden, arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge nicht in den Anwendungsbereich der verbraucherschützenden Widerrufsrechte nach §§ 312 ff. BGB einzubeziehen.
Trotzdem hatte die Revision der Klägerin Erfolg. Denn die Vorinstanzen hätten nicht geprüft, ob das Gebot fairen Verhandelns vor Abschluss des Aufhebungsvertrages beachtet wurde. Das Gebot fairen Verhandelns sei eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Werde gegen dieses Gebot vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages verstoßen, führe dies im Ergebnis dazu, dass das Arbeitsverhältnis fortbestehe. Mit dem Gebot fairen Verhandelns sei es nicht vereinbar, eine Drucksituation zu schaffen, die eine freie und überlegte Entscheidung des Arbeitnehmers über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages erheblich erschwert. Dies könne insbesondere der Fall sein, wenn der Arbeitgeber eine krankheitsbedingte Schwäche des Arbeitnehmers bewusst ausnutze, um den Arbeitnehmer zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu bewegen. Da dies nach den Behauptungen der Klägerin nicht ausgeschlossen werden könne, wurde die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Praxishinweis
Obwohl das Urteil des BAG in Bezug auf die Frage des Widerrufs eines Aufhebungsvertrages Rechtssicherheit schafft, wird es jedoch höchstwahrscheinlich dazu führen, dass vermehrt über die Wirksamkeit von Aufhebungsverträgen gestritten wird. Zwar hat das BAG erfreulicherweise bekräftigt, dass der Widerruf eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag auf gesetzlicher Grundlage nicht möglich ist. Zugleich hat das BAG jedoch die Aufmerksamkeit auf einen weiteren Unwirksamkeitsgrund gelenkt, der bisher in der arbeitsgerichtlichen Praxis ein Schattendasein geführt hat, dem sog. Gebot fairen Verhandelns. Arbeitgeber sind daher in Zukunft gut darin beraten, Arbeitnehmern eine Bedenkzeit zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages einzuräumen. Denn andernfalls wohnt allen Aufhebungsverträgen ein Moment der Unsicherheit inne. Ehemalige Arbeitnehmer könnte bis zur Grenze der dreijährigen Verjährungsfrist gegen die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages einwenden, dass sie den Aufhebungsvertrag nur unterschrieben hätten, da sie sich in einer vom Arbeitgeber geschaffenen psychischen Drucksituation befanden.
Der Hinweis auf das sog. Gebot fairen Verhandelns darf jedoch nicht dahingehend missverstanden werden, dass der Arbeitgeber im Rahmen der Verhandlungen über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages nicht mehr damit „drohen“ darf, dass andernfalls der Ausspruch einer (außerordentlichen) Kündigung erfolge. Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung kann der Arbeitnehmer in einem solchen Fall nur dann den Aufhebungsvertrag wirksam anfechten, wenn der Arbeitgeber den Ausspruch einer Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Nur wenn der Arbeitgeber unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, die angedrohte Kündigung werde im Falle ihres Ausspruchs einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten, darf er die (außerordentliche) Kündigungserklärung nicht in Aussicht stellen, um damit den Arbeitnehmer zum Abschluss einer Beendigungsvereinbarung zu veranlassen. Das Gebot fairen Verhandelns dürfte in diesem Zusammenhang nur verlangen, dass dem Arbeitnehmer nicht sprichwörtlich die Pistole auf die Brust gedrückt, sondern ihm die Möglichkeit eingeräumt wird, über das Aufhebungsangebot noch einmal nachzudenken und sich möglicherweise Rechtsrat einzuholen.
Als Arbeitsrechtsspezialisten, die sowohl auf Arbeitgeber-, als auch auf Arbeitnehmerseite tätig sind, werden wir in unserer täglichen Beratungspraxis in regelmäßigen Abständen immer wieder mit den gleichen Mythen über das deutsche Arbeitsrecht konfrontiert. Nach unserer Erfahrung können diese Fehlvorstellungen weitreichende Konsequenzen haben, insbesondere in finanzieller Hinsicht. Zum Start unseres Blogs haben wir daher es zu unserer Aufgabe gemacht, einen kleinen Beitrag zu der Entmystifizierung des Arbeitsrechts zu leisten.
1. „Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Abfindung.“
Man kann es nicht oft genug betonen: Das deutsche Arbeitsrecht kennt keinen gesetzlichen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung bei Verlust des Arbeitsplatzes!
Nichtsdestotrotz endet die Mehrzahl der Kündigungsschutzprozesse durch den Abschluss eines Vergleiches, in dem sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet. Dahinter steht jedoch kein gesetzlicher Zwang, sondern im Regelfall wirtschaftliche Überlegungen. Sofern der Arbeitnehmer Kündigungsschutz genießt, bedeutet ein langwieriger Kündigungsschutzprozess für den Arbeitgeber ein schwer zu kalkulierendes Risiko. Zur Abwendung dieses finanziellen Risikos und um möglichst rasch Rechts- und Planungssicherheit zu erlangen, sind daher viele Arbeitgeber bereit, den Arbeitnehmer das Ende seines Arbeitsverhältnisses zu versüßen. Dies gilt natürlich nicht in den Fällen, in denen dem Arbeitgeber ein Kündigungsgrund zur Seite steht!
Darüber hinaus sind Abfindungen regelmäßig Gegenstand von Sozialplänen, die zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat anlässlich von Betriebsänderungen zur Milderung der hiermit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile abgeschlossen werden. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer einen einklagbaren Anspruch auf die im Sozialplan vorgesehene Abfindung.
In allen anderen Fällen ist das Ob und die Höhe der Abfindung hingegen Verhandlungssache.
2. „Solange der Arbeitnehmer krankgeschrieben ist, kann er nicht gekündigt werden.“
Ist der Arbeitnehmer erkrankt, hat dies arbeitsrechtlich erstmal nur zur Konsequenz, dass er nicht auf der Arbeit erscheinen muss, aber trotzdem für die Dauer von sechs Wochen seinen Entgeltanspruch behält (vgl. § 3 EFZG).
Keinesfalls bedeutet die Krankheit hingegen eine Kündigungssperre! Im Unterschied zur Schwangerschaft und Schwerbehinderung begründet die (bloße) Krankheit keinen Sonderkündigungsschutz. Auch kann dem Arbeitnehmer im Krankenstand normal eine Kündigung an seiner Wohnadresse zugestellt werden. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer stationär in einem Krankenhaus behandelt wird und dem Arbeitgeber dies bekannt ist.
Vielmehr ist es im Gegenteil sogar so, dass Erkrankungen des Arbeitsnehmers dazu führen können, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis unter Umständen wirksam kündigen kann. Zwar rechtfertigt eine Krankheit allein die Kündigung nicht. Ist jedoch eine Gesundung des Arbeitsnehmers ungewiss und führen die Fehlzeiten zu einer Beeinträchtigung betrieblicher oder wirtschaftlicher Interessen des Arbeitgebers, kommt eine krankheitsbedingte Kündigung in Betracht. Vorher muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer jedoch zumindest ein sog. betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz BEM) angeboten haben. Im Rahmen des BEM sol¬len Mög¬lich¬kei¬ten erör¬tert wer¬den, wie die krankheitsbedingte Arbeits¬un¬fä¬hig¬keit überwunden und mit wel¬chen Leis¬tun¬gen oder Hil¬fen einer erneu¬ten Arbeits¬un¬fä¬hig¬keit vor¬ge¬beugt und der Arbeits¬platz erhal¬ten wer-den kann.
3. „Erst nach drei Abmahnungen kann der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte Kündigung aussprechen.“
Ebenso wie es keine absoluten Kündigungsgründe gibt, existieren auch keine allgemeinverbindlichen Vorgaben zur Anzahl der erforderlichen Abmahnungen vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung.
Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes muss der Arbeitgeber vor einer Kündigung beispielsweise überhaupt keine Abmahnung aussprechen.
Findet das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis Anwendung, gilt zwar die Regel, dass dem Arbeitnehmer bei einem Fehlverhalten vor Ausspruch der roten Karte in Form der verhaltensbedingten Kündigung zunächst die gelbe Karte in Form einer Abmahnung gezeigt werden muss. Denn zu einer Kündigung darf der Arbeitgeber immer nur als letztes Mittel greifen.
Ebenso wie im Fußball gibt es jedoch auf Fälle, in denen es des Ausspruches einer gelben Karte nicht bedarf und der Arbeitnehmer sofort gekündigt werden kann. Dies ist bei besonders schweren Pflichtverletzungen, insbesondere Straftaten, der Fall.
In allen anderen Fällen ist es stets eine Frage des Einzelfalls, wie viele Abmahnungen einer wirksamen verhaltensbedingten Kündigung vorausgehen müssen. Vor allem bei nicht nur leichten Pflichtverletzungen mag nur eine vorherige Abmahnung ausreichen, wohingegen in anderen Fällen auch eine Vielzahl weiterer Abmahnungen eine Kündigung nicht rechtfertigen vermag.
4. „Wenn im Arbeitsvertrag keine Probezeit vereinbart ist, genießt der Arbeitnehmer sofort Kündigungsschutz.“
Die (Nicht-)Vereinbarung einer Probezeit im Arbeitsverhältnis („Die ersten vier Monate gelten als Probezeit“ bzw. im Arbeitsvertrag fehlt eine Regelung zur Probezeit) hat auf die Frage, ob und ab wann der neueingestellte Mitarbeiter Kündigungsschutz genießt, keinen Einfluss.
Denn das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sieht in seinen § 1 Abs. 1 KSchG selbst eine sog. sechsmonatige Wartezeit vor. Dies bedeutet, dass das Gesetz nach seinem eindeutigen Wortlaut nur auf Arbeitsverhältnisse Anwendung findet, die länger als 6 Monate bestehen. Diese gesetzliche Regelung kann durch eine Vereinbarung über eine Probezeit weder verkürzt noch verlängert werden. In den ersten sechs Monate des Bestands des Arbeitsverhältnisses gilt daher die Devise: Der Arbeitgeber braucht für den Ausspruch einer ordentlichen Kündigung keinen Grund!
Die Vereinbarung einer Probezeit im Arbeitsvertrag geht jedoch nicht ins Leere, sondern hat zur Konsequenz, dass in den ersten sechs Monaten die Grundkündigungsfrist von regelmäßig vier Wochen zum 15. oder Monatsende auf bis zu zwei Wochen (in Tarifverträge teilweise bis auf einen Tag) gekürzt werden kann.
5. „In dem Kündigungsschreiben muss ein Kündigungsgrund angegeben werden.“
Die inhaltlichen Anforderungen an ein wirksames Kündigungsschreiben sind denkbar einfach. Es muss nur der Wille zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erkennbar zum Ausdruck kommen. Die Angabe des Grundes für die Kündigung bedarf es im Kündigungsschreiben nicht. Eine Kündigung durch den Arbeitgeber muss daher nur wie folgt lauten:„Sehr geehrte Frau / Sehr geehrter Herr, hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist zum nächst zulässigen Termin. Dies ist nach unserer Berechnung der __.__.____.“
Etwas anderes gilt nur im Falle der Kündigung gegenüber einer schwangeren Arbeitnehmerin und der Kündigung des Ausbildungsverhältnisses nach der Probezeit. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben selbst die Kündigungsgründe angeben.
In allen anderen Fällen muss der Arbeitgeber erst im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses Farbe bekennen und die Gründe für die sachliche Rechtfertigung des Arbeitsverhältnisses angeben. Lediglich im Falle einer außerordentlichen Kündigung hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, den Arbeitnehmer auch außergerichtlich zur Darlegung der Kündigungsgründe aufzufordern.
6. „Bei Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags verhängt die Agentur für Arbeit eine Sperrzeit.“
Regelmäßig kommt es vor, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über den Inhalt eines Aufhebungsvertrages grundsätzlich einig sind, dessen Unterzeichnung jedoch daran scheitert, dass der Arbeitnehmer die Verhängung einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeldbezug befürchtet.
In vielen Fällen ist diese Befürchtung mittlerweile unberechtigt. Nach § 159 Abs. 1 SGB III wird eine Sperrzeit dann nicht verhängt, wenn der Arbeitnehmer für den Abschluss des Aufhebungsvertrages einen wichtigen Grund hat, er insoweit also gerechtfertigt ist. Die Agentur für Arbeit hat ihre diesbezügliche Dienstanweisung zu Beginn des Jahres 2017 zu Gunsten der Arbeitnehmer geändert. Hiernach sind Aufhebungsverträge nunmehr immer dann sperrzeitneutral, wenn
- eine Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt worden ist,
- die drohende Arbeitgeberkündigung auf betriebliche oder personenbezogene (nicht aber verhaltensbedingte) Gründe gestützt würde,
- im Falle der Arbeitgeberkündigung die Kündigungsfrist eingehalten würde,
- der Arbeitnehmer nicht unkündbar war
- und eine Abfindung in Höhe von bis zu maximal 0,5 Monatsgehältern für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer gezahlt wird.
Eine Sperrzeit droht daher in Zukunft grundsätzlich nur noch in Fällen, in denen dem Aufhebungsvertrag eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers zugrunde liegt, oder der Arbeitnehmer eine höhere Abfindung als 0,5 Monatsgehälter für jedes Beschäftigungsjahr erhalten soll.
7. „Minijobber / Geringfügig Beschäftigte / 450 EUR Kräfte sind doch keine richtigen Arbeitnehmer.“
Minijobber sind geringfügig Beschäftigte, deren monatlicher Verdienst 450 EUR nicht übersteigt (daneben gibt es noch die Zeitgeringfügigkeit, die dann vorliegt, wenn die Beschäftigung auf nicht mehr als zwei Monate oder 50 Arbeitstage beschränkt ist).
Die geringfüge Beschäftigung hat nur Auswirkungen im Sozialversicherungsrecht und Steuerrecht. Minijobber müssen keine Beträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zahlen. Von der Rentenversicherungspflicht können sie sich befreien lassen. Der Arbeitgeber trägt einen pauschalen Beitrag zur Kranken- und Rentenversicherung. Zudem ist eine Pauschalierung der Lohnsteuer, des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer möglich.
Arbeitsrechtlich hat die Qualifizierung als geringfügige Beschäftigung jedoch keine Auswirkungen. Minijobber sind keine Arbeitnehmer zweiter Klasse, sondern genießen alle Rechte und Pflichten wie allen anderen Arbeitnehmer des Betriebes auch. Sie haben insbesondere Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub. Darüber hinaus zählen sie auch bei Schwellenwerten für die Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften mit.
8. „Arbeitsverträge sind nur wirksam, wenn sie unterschrieben worden sind.“
Das Arbeitsrecht kennt nur gesetzliche Formvorschriften für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. So bedürfen Kündigung und Aufhebungsvertrag der Schriftform, d.h. sie sind nur wirksam bei einer eigenhändigen Unterschrift.
Die Begründung eines Arbeitsverhältnisses ist hingegen auch formlos möglich. Ein Arbeitsvertrag kann daher auch wirksam mündlich geschlossen werden. Im Regelfall genügt sogar die bloße Arbeitsaufnahme durch den Arbeitnehmer, dass ein Arbeitsverhältnis zustande kommt.
Vorsicht ist aus Arbeitgebersicht nur bei befristeten Arbeitsverträgen geboten. Insoweit gilt es nämlich zu beachten, dass die Abrede über die Befristung des Arbeitsverhältnisses (nicht der Arbeitsvertrag selbst) schriftlich erfolgen muss. Wird diese Formvorschrift nicht beachtet, fängt der Arbeitnehmer beispielsweise vor Unterschrift das Arbeiten an, kommt grundsätzlich ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande.
9. „Wenn man nicht arbeitet, hat man auch keinen Anspruch auf Urlaub.“
Urlaub dient der Erholung von der Arbeit. Daher wäre es eigentlich logisch, dass man nur dann einen Anspruch auf Urlaub erwirbt, wenn man auch tatsächlich seine Arbeitsleistung erbringt.
Doch die Rechtslage ist eine andere: Auch während eines ruhenden Arbeitsverhältnisses entsteht jedes Kalenderjahr ein neuer Anspruch auf Erholungsurlaub. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn der Arbeitnehmer längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt oder in Elternzeit ist. Lediglich im Falle der Elternzeit hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, durch einseitige Erklärung den Urlaubsanspruch für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen. In allen anderen Fällen kann der Arbeitgeber keine Gegenmaßnahmen ergreifen, sondern allenfalls darauf hoffen, dass der Urlaubsanspruch infolge Zeitablauf verfällt (15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres).
10. „Während einer Krankschreibung hat man das Bett zu hüten.“
Während der Arbeitsunfähigkeit darf der Arbeitnehmer sich nicht genesungswidrig verhalten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der krankgeschriebene Arbeitnehmer quasi vom normalen sozialen Leben ausgeschlossen ist und strikt das Bett zu hüten hat.
Er hat (nur) alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Welches Verhalten einer schnellen Genesung des Arbeitnehmers entgegenstehen könnte, bestimmt nicht der Arbeitgeber, sondern der behandelnde Arzt. Denn welche Tätigkeiten den Heilungsprozess verzögern oder gefährden können, richtet sich nach dem diagnostizierten Krankheitsbild. In vielen Fällen dürfte es daher sogar für eine Genesung förderlich sein, wenn der Arbeitnehmer seine Wohnung verlässt und am sozialen Leben teilnimmt.