21.12.2023

EuGH – Diskriminierung wegen des Alters; Zulässige Altersbeschränkung in einer Stellenausschreibung

Sachverhalt

Das BAG legte dem EuGH im Rahmen

Dem Verfahren vor dem BAG lag die Klage einer 1968 geborenen Frau zugrunde, in welcher diese welche eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wegen Altersdiskriminierung forderte.

Die Beklagte, ein Assistenzdienst der Menschen mit Behinderungen in verschiedenen Bereichen des Lebens rund um das Thema Persönliche Assistenz Beratung, Unterstützung sowie Assistenzleistungen anbietet, suchte im Jahr 2018 im Rahmen einer Stellenausschreibung eine Assistentin für eine 28-järige Studentin. Nach dem Inhalt der Ausschreibung sollten die Bewerberinnen „am besten zwischen 18 und 30 Jahre alt sein“. Hierauf hatte sich die zum Zeitpunkt der Bewerbung etwa 50-jährige Klägerin beworben, jedoch eine Absage erhalten. Durch die Ablehnung sah sie sich wegen ihres Alters diskriminiert und forderte eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.

Der in diesem Zusammenhang erhobenen Klage wurde durch das Arbeitsgericht teilweise stattgegeben. Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten wurde die Klage durch das Landesarbeitsgericht vollständig abgewiesen. Mit der Revision verfolgte die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung einer Entschädigung weiter.

Vorlagefrage an den EuGH

Das Vorabentscheidungsersuchen des BAG betrifft die Auslegung unionsrechtlicher Bestimmungen und die Frage, ob diese dahingehend ausgelegt werden können, „dass in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters gerechtfertigt werden kann“.

Der EuGH stellt in seinem Urteil vom 07.12.2023 fest, dass die Absage gegenüber der Klägerin aufgrund ihres Alters erfolgte und damit eine unmittelbare Diskriminierung vorlag. Die in der Stellenbeschreibung festgelegte Altersanforderung sei jedoch im Hinblick auf den Schutz des Rechts auf Selbstbestimmung des betreffenden Menschen mit Behinderung notwendig und gerechtfertigt. Der EuGH betont in seiner Entscheidung, dass es nach den deutschen Rechtsvorschriften ausdrücklich vorgesehen sei, den individuellen Wünschen von Menschen mit Behinderungen bei der Erbringung von Leistungen der persönlichen Assistenz zu entsprechen:

Gemäß § 78 SGB IX werden Assistenzleistungen für Menschen mit Behinderung zur selbstbestimmten und eigenständigen Bewältigung des Alltages einschließlich der Tagesstrukturierung erbracht. Sie umfassen insbesondere Leistungen für die allgemeinen Erledigungen des Alltags wie die Haushaltsführung, die Gestaltung sozialer Beziehungen, die persönliche Lebensplanung, die Teilhabe am gemeinschaftlichen kulturellen Leben, die Freizeitgestaltung einschließlich sportlicher Aktivitäten sowie die Sicherstellung der Wirksamkeit der ärztlichen und ärztlich verordneten Leistungen. Sie beinhalten die Verständigung mit der Umwelt in diesen Bereichen.

Dabei ist gemäß § 8 SGB IX ein Wunsch und Wahlrecht einzuräumen. Mithin ist bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten zu entsprechen (Absatz 1) und den Leistungsberechtigten ist durch Leistungen, Dienste und Einrichtungen möglichst viel Raum zu eigenverantwortlicher Gestaltung ihrer Lebensumstände zu lassen und deren Selbstbestimmung zu fördern (Absatz 3).

Der EuGH führt weiter aus: Leistungsberechtigte müssen die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, wie wo und mit wem sie leben wollen. Es lässt sich vernünftigerweise erwarten, dass jemand, der derselben Altersgruppe wie der Mensch mit Behinderung angehört, sich leichter in dessen persönliches Umfeld einfügt. Angesichts dessen, dass die persönliche Assistenz alle Lebensbereiche betreffe und die assistenzleistende Person zwangsläufig in die Privat- und Intimsphäre der assistenznehmenden Person eingreife, ist den berechtigten Wünschen und subjektiven Bedürfnissen der jeweiligen assistenznehmenden Personen Rechnung zu tragen.

Mithin sei die Beschränkung der Bewerber auf eine gewisse Altersgruppe und die sich hieraus ergebende Ungleichbehandlung gerechtfertigt.

Ausblick

Nach der Entscheidung des EuGH auf die Vorlagefrage BAG, geht das Verfahren nun zurück an dieses. Dort wird das BAG die Revision der Klägerin und die begehrte Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zurückweisen.