13.10.2023

Entscheidungsbesprechung – Abrücken von der Schlussformel bei Änderung des zuvor erteilten Arbeitszeugnisses

Der Entscheidung des BAG lag der folgende Sachverhalt zugrunde:

Die beklagte Arbeitgeberin hatte der Klägerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis erteilt, welches auch eine sog. Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel enthielt. In der Folge machte die Klägerin mehrfach Änderungen bzw. Berichtigungen des Zeugnisses geltend, die sich insbesondere auf deren Bewertung bezogen – nicht aber die Schlussformel betrafen. In dem zuletzt durch die Beklagte erteilten Zeugnis, entfernte diese die zuvor enthaltene Schlussformel. Die Klägerin begehrte die Erteilung eines neuen Zeugnisses bzw. Wiederaufnahme der durch die Beklagte zuvor entfernten Formel.  

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Die hiergegen eingelegte Revision der Beklagten hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Die Entscheidung:

Zwar bestehe grundsätzlich kein Anspruch auf die Verwendung einer  Schlussformel in welcher der ehemalige Arbeitgeber seine persönliche Empfindungen wie Dank, Bedauern oder gute Wünsche für die Zukunft zum Ausdruck bringt. Ein Anspruch hierauf folgt weder aus § 109 Abs. 1 Satz 2 und 3 GewO noch aus § 241 Abs. 2 BGB – dies hat das BAG im letzten Jahr festgestellt (BAG Urt. v. 25.1.2022 – 9 AZR 146/21) und in vorliegender Entscheidung noch einmal bestätigt.

Allerdings ist die Beklagte in vorliegendem Fall an die von ihr zuvor selbst verwendete Schlussformel gebunden gewesen. Durch das Entfernen der Schlussformel in dem zuletzt erteilten Zeugnis liegt ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB vor. Das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB schützt die Willensfreiheit des Arbeitnehmers. Danach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechts ausübt. Der Anwendungsbereich des Maßregelungsverbot ist zudem nicht auf das laufende Arbeitsverhältnis beschränkt, sondern auch nach dessen Beendigung – insbesondere im Bereich des Zeugnisrechts – eröffnet.

Die Klägerin hat durch ihren Korrekturwunsch in zulässiger Weise von ihrem Recht auf Zeugniserteilung aus § 109 GewO Gebrauch gemacht. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Schlussformel kein notwendiges Element des qualifizierten Zeugnisses nach § 109 Abs. 1 Satz 2 GewO darstellt. Die Streichung dieser stellt für die klagende Arbeitnehmerin einen Nachteil dar, da der in der Schlussformel zum Ausdruck gebrachte Dank sowie die guten Wünsche für den weiteren Berufsweg die Bewerberchancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen.

In der Praxis:

Für Arbeitgeber bedeutet dies:

Eine Verpflichtung, dem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis zu erteilen, welches mit einer sog. Dankes- und Wunschformel endet besteht auch weiterhin nicht. Vorsicht aber bei der Selbstbindung: Weicht der Arbeitgeber im Rahmen einer Korrektur des Zeugnisses von einer zuvor verwendeten – für den Arbeitnehmer vorteilhaften – Formulierung ab, kann dies auf eine Maßregelung hindeuten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sachliche Gründe ein Abweichen von der ursprünglichen Formulierung als angemessen escheinen lassen.

Die Vollständigkeit des Zeugnisses ist durch den Arbeitnehmer im Falle der Berichtigung mithin besonders zu überprüfen, wenn zuvor wegen einzelner Formulierungen eine Korrektur verlangt wurde.

Hinweis:

Auch die in dem Beitrag genannte Entscheidung des BAG vom 25.1.2022 – 9 AZR 146/21 aus dem Vorjahr haben wir auf unserem Blog für Sie aufgearbeitet. Zu dem gesamten Beitrag (BAG: Kein Anspruch auf Dankes- und Bedauernsformel im Arbeitszeugnis) gelangen Sie hier: https://www.leschnig.de/2022/06/16/bag-kein-anspruch-auf-dankes-und-bedauernsformel-im-arbeitszeugnis/