13.07.2022

Hitzefrei am Arbeitsplatz?

Nicht nur im Zuge der Klimaerhitzung stellt sich regelmäßig die Frage, ob Arbeitnehmer Anspruch auf Hitzefrei haben, wenn die Außentemperaturen auf 30 Grad oder noch höher klettern. Bei den meisten Beschäftigten lässt die Fähigkeit zur Konzentration stark nach, egal ob im Homeoffice, im Büro oder in der Produktion. Hilfreich ist es, ausreichend zu trinken, in den frühen Morgenstunden zu lüften und die kühleren Stunden für Aufgaben zu nutzen, die Körper oder Geist stark beanspruchen. Wer in klimatisierten Räumen arbeiten kann, darf sich freuen. Zu kühl sollte es jedoch auch nicht sein, um Erkältungen und Kreislaufbeschwerden bei der Belegschaft zu vermeiden.

Ein Recht auf Hitzefrei kennt das deutsche Arbeitsrecht aber nicht. Arbeitgeber müssen aber auf die Temperaturen an sehr heißen Tagen zu reagieren – soweit es die Bedingungen am Arbeitsplatz betrifft. Wir haben die wesentlichen Regelungen zusammengestellt.

Gesetzlicher Arbeitsschutz bei hohen Temperaturen am Arbeitsplatz

Wesentliche Vorgaben zum Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz enthält die Arbeitsstättenverordnung – nicht nur für Arbeitnehmer, die durch ihre Arbeit besonderen Belastungen ausgesetzt sind wie beispielsweise im Freien arbeitende Bauarbeiter.

Nach Anhang 3.5 Abs.1 zu § 3 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) hat der Arbeitgeber auch am klassischen Büroarbeitsplatz für eine „gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur“ zu sorgen: Belastungen durch Hitze, aber auch Kälte sind zu vermeiden. Eine Einschätzung, die von Fall zu Fall unterschiedlich sein kann, und vor allem von der konkreten (körperlichen) Arbeitsbelastung abhängt.

Welche Grenzwerte gelten?

Die Technische Regel für Arbeitsstätten (ASR) A3.5 (Raumtemperatur) enthält Grenzwerte: bei Überschreitung einer Lufttemperatur im Raum von 26 Grad hat der Arbeitgeber für Sonnenschutz zu sorgen. Bei über 30 Grad Hitze im Büro sind zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, beispielsweise angepasste Arbeitszeiten oder vom Arbeitgeber bereitgestellte Getränke. Überschreitet die Temperaturanzeige die 35-Grad-Marke, ist der Raum ohne spezielle Maßnahmen für Hitzearbeit wie zum Beispiel Luftduschen oder Hitzeschutzkleidung nicht als Arbeitsraum geeignet.

Das bedeutet jedoch nicht, dass der oder die Mitarbeitende bei über 26 Grad im Büro nach Hause gehen kann. Bei darüber liegender Außentemperatur darf in Ausnahmefällen die Lufttemperatur sogar höher sein. Die Sollvorschrift („soll 26 Grad nicht überschreiten“) ist nicht zwingend, sondern eine arbeitswissenschaftliche Empfehlung.

Dennoch: Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, Schutzmaßnahmen gegen die Überhitzung am Arbeitsplatz zu ergreifen. Hierzu müssen Beschäftigte  ihm Gelegenheit geben. Anhang 3.5 Abs. 2 zu § 3 der ArbStättV verlangt zum Beispiel: Fenster und Oberlichter müssen so beschaffen oder durch Jalousien abgedeckt sein, dass die Arbeitsräume gegen übermäßige unmittelbare Sonneneinstrahlung geschützt sind.

Gemäß Abschnitt 4.3 der ASR A3.5 muss dies derart gestaltet sein, dass der Arbeitsraum mit ausreichend Tageslicht versorgt, gleichzeitig jedoch eine übermäßige Erwärmung vermieden wird. Die Abschnitte 4.3 und 4.4 der ASR A3.5 enthalten einen abgestuften Pflichtenkatalog für den Fall, dass die Sonneneinstrahlung oder hohe Außentemperaturen für eine Raumtemperatur von über 26 Grad sorgen.

Was ist mit Bekleidungsvorschriften?

Bekleidungsvorschriften im Unternehmen gelten grundsätzlich auch im Hochsommer. Gerade die Vorgaben hinsichtlich der erforderlichen Schutzkleidung sind einzuhalten. Eine Kleiderordnung, die bei Hitze Ausnahmen zulässt (zum Beispiel: „kein Krawattenzwang bei einer Innentemperatur ab 25 Grad“), sollte klar geregelt sein. Aber aufgepasst: der Betriebsrat hat hier ein Mitbestimmungsrecht.

Und das „Homeoffice“?

Man sollte das nicht zu vorschnell als aberwitzig abtun: denn es kommt darauf an, ob es sich wirklich um einen eingerichteten Homeoffice-Arbeitsplatz handelt. Homeoffice im Sinne eines Telearbeitsplatzes sieht voraus, dass der Arbeitgeber den festen Arbeitsplatz eingerichtet hat. Für das klassische feste Büro zuhause gilt nämlich auch die Arbeitsstättenverordnung einschließlich der Pflichten, die der Arbeitgeber einzuhalten hat. In dem Fall muss der Arbeitgeber also auch für eine angemessene Temperierung sorgen.

„Mobile Arbeit“ in der Praxis unterliegt jedoch meist nicht den für Telearbeitsplätze geltenden arbeitsstättenrechtlichen Bestimmungen. Wenn der Arbeitnehmer nur gelegentlich im Homeoffice arbeitet, mit einem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Notebook, stellt dies noch keine „Einrichtung“ eines häuslichen Arbeitsplatzes dar. Meist besteht dann auch die Möglichkeit, den Arbeitsplatz im Büro aufzusuchen.