02.10.2020

Neuer gesetzlicher Mindestlohn und Mindesturlaub für Pflegekräfte

Bereits am 1. Mai 2020 trat die 4. Pflegearbeitsbedingungenverordnung in Kraft. Sie sieht einige Vergünstigungen und Neuerungen zugunsten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern von Pflegebetrieben vor, die überwiegend unmittelbar in der Pflege oder Betreuung tätig sind. Ausgenommen vom Anwendungsbereich sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die mit anderen Aufgaben in Pflegebetrieben betraut sind, wie z.B. in der Verwaltung, häuswirtschaftlichen Versorgung etc., § 1 4. PflegeArbbV.

§ 2 Abs. 1 regelt das Mindestentgelt in den Gebieten der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, NRW, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein.

Ab 01.05.2020 beträgt der Mindestlohn 11,35 EUR brutto je Stunde, ab 01.07.2020 11,60 EUR, ab 01.04.2021 11,80 EUR, ab 01.09.2021 12,00 EUR und ab 01.04.2022 12,55 EUR.

Für Pflegekräfte mit einer mindestens einjährigen Ausbildung und einer entsprechenden Tätigkeit liegt das Mindestentgelt ab 01.04.2021 bei 12,50 EUR und ab 01.04.2022 bei 13,20 EUR pro Stunde. Pflegefachkräfte haben Anspruch auf 15,00 EUR brutto pro Stunde ab 01.07.2021 und auf 15,40 EUR ab dem 01.04.2022.

In den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachen-Anhalt und Thüringen beginnen die Stundensätze gem. § 2 Abs. 2 niedriger, erreichen jedoch bis April 2022 das Lohnniveau der anderen Länder.

Ausdrücklich eingeschlossen werden von diesem Mindestentgelt Wegezeiten zwischen verschiedenen Patienten.

Ausdrücklich definiert werden in der neuen Verordnung Bereitschaftsdienst, § 2 Abs. 6, und Rufbereitschaft, § 2 Abs. 7. Während Rufbereitschaft hinsichtlich der Vergütung ausdrücklich nicht von den vorgenannten Mindestlohnbrträgen erfasst ist, beinhaltet die Verordnung für Zeiten des Bereitschaftsdienstes genaue Angaben an die Vergütung.

Für Arbeitszeitkonten sieht die Verordnung in § 3 Abs. 2 ein Obergrenze von 255 Arbeitsstunden vor.

Erstmalig sieht eine Pflegearbeitsbedingungenverordnung einen gesetzlichen Mehrurlaub, § 4, vor. Unter Zugrundelegung einer 5-Tage-Woche haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Kalenderjahr 2020 fünf Tage und in den Jahren 2021 und 2022 jeweils sechs Tage gesetzlichen Mehrurlaub und damit einen Mindesturlaub von 2020 25 Tagen und 2021/2022 26 Tagen. Dabei gelten für die Mehrurlaubstage die gleichen gesetzlichen Anforderungen wie für die bisher üblichen 20 Tage nach den Vorschriften des Bundesurlaubsgesetzes und sind genau wie diese zu behandeln.

Soweit jedoch tarifliche, betriebliche, arbeitsvertragliche oder sonstige Regelungen insgesamt einen über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden, z.B. vertraglichen Urlaub vorsehen, wird dieser quasi zum gesetzlichen Mehrurlaub umqualifiziert und muss nicht nur zusätzlich gewährt werden.

Ein Beispiel:

Der Pflegebetrieb A gewährte seinen Pflegekräften bislang gemäß Arbeitsvertrag 20 Tage Mindesturlaub sowie darüber hinaus 10 Tage vertraglichen Urlaub, wobei für den vertraglichen Urlaub teilweise strengere Regeln, z.B. beim Verfall oder dem unterjährigen Ausscheiden in der 2. Jahreshälfte gelten, als für den gesetzlichen Urlaub. Gemäß § 4 Abs. 2 der Verordnung bedeutet das für das Jahr 2020 NICHT, dass dem Mitarbeiter nunmehr 20 + 10 + 5 Tage Urlaub zu gewähren sind. Es verbleibt vielmehr bei 30 Urlaubstagen. Allerdings gelten nun die gesetzlichen Vorschriften des BUrlG für 25 Tage und die Regeln für den vertraglichen Urlaub nur noch für 5 Tage.

Eine Änderung der bisherigen Arbeitsverträge hinsichtlich dieser Neuerung im Urlaubsrecht ist jedoch nicht erforderlich. Als gesetzliche Regelung zugunsten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer findet die Verordnung entgegen anders lautender Arbeitsverträge Anwendung.

Zu beachten ist zuletzt die Ausschlussfrist gem. § 5 PflegeArbbV. Sie gilt für Ansprüche auf das Mindestentgelt – auch entgegen anders lautender vertraglicher Vereinbarungen – und sieht vor, dass diese – erst – verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 12 Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.