11.09.2020

Gesetzliche Kündigungsfrist für Geschäftsführerdienstverträge

Das BAG hat sich mit Urteil vom 11.06.2020 (2 AZR 374/19) erstmals zu der Frage geäußert, nach welcher Regelung sich die gesetzliche Kündigungsfrist für Dienstverträge von GmbH-Geschäftsführern richtet. Während die überwiegende Meinung bislang davon ausging, dass jedenfalls für Fremdgeschäftsführer ebenso wie für Arbeitnehmer § 622 BGB Anwendung findet, lehnte das BAG dies ausdrücklich ab. Für die Kündigungsfrist von GmbH-Geschäftsführern ist stattdessen § 621 BGB anwendbar, so dass die gesetzliche Kündigungsfrist sich danach unterscheidet, für welche Zeitabschnitte die Vergütung bemessen ist. Während bei einer Monatsvergütung die Kündigung spätestens am 15. eines Monats für den Schluss des Kalendermonats zulässig ist, beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist bei einem Jahresgehalt sechs Wochen zum Quartalsende.

Sachverhalt:

Die Parteien stritten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung und die anzuwendende Kündigungsfrist. Die Beklagte übernahm 2009 im Wege eines Betriebsübergangs eine Reha-Klinik, in der die Klägerin bereits zuvor als Verwaltungsleiterin angestellt war. Die Gesellschafterversammlung bestellte die Klägerin im Juli 2009 zur Geschäftsführerin und schloss mit ihr am 01.12.2009 einen schriftlichen Anstellungsvertrag mit einem Jahresentgelt von 100.000 EUR. Aufgrund illoyalen Verhaltens beschloss die Gesellschafterversammlung am 28.02.2018, das Anstellungsverhältnis ordentlich zu kündigen und die Klägerin mit Wirkung zum 01.03.2018 abzuberufen. Das auf den 27.02.2018 datierte und der Klägerin am Folgetag übergebene Kündigungsschreiben enthielt eine ordentliche Kündigung zum 31.05.2018. Das ArbG gab der Klage gegen die Kündigung statt, das LAG wies sie im Wesentlichen ab und stellte fest, dass das Anstellungsverhältnis mit Ablauf des 30.06.2018 geendet habe.

Entscheidung des BAG:

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Nach Auffassung des BAG stehen der Kündigung vom 27.02.2018 keine Unwirksamkeitsgründe entgegen. Das Anstellungsverhältnis der Klägerin sei nicht als Arbeitsvertrag, sondern als freier Dienstvertrag anzusehen. Eine Weisungsbefugnis des GmbH-Geschäftsführers, die so stark sei, dass sie auf einen Status als Arbeitnehmer schließen lasse, komme allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht. Diese lägen hier nicht vor. Die nach dem Anstellungsvertrag einschlägige „gesetzliche Kündigungsfrist“ ergebe sich aus § 621 Nr. 4 BGB und nicht aus § 622 II BGB. Nach zutreffender Ansicht findet nicht § 622 II BGB, sondern § 621 BGB auf Anstellungsverhältnisse von GmbH-Geschäftsführern Anwendung, die keine Arbeitsverhältnisse seien. Für eine Anwendung von § 622 BGB fehle es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Zudem wäre eine Anwendung von § 622 BGB ein Wertungswiderspruch zur Rechtsprechung des 9. Senats, der eine Anwendung der Norm auf arbeitnehmerähnliche Personen ablehne. Mit Blick auf das vereinbarte Jahresgehalt findet daher § 621 Nr. 4 BGB mit einer Frist von sechs Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres Anwendung.

Praxistipp:

Bei der Erstellung eines Geschäftsführerdienstvertrages ist den Parteien zu empfehlen, die Kündigungsfrist explizit zu vereinbaren.

Wird dies – bewusst oder unbewusst – unterlassen, sollten sich die Parteien bewusst machen, dass sie bei der Regelung der Vergütung als Monats- oder Jahresgehalt zugleich eine Entscheidung über die länge der gesetzlichen Kündigungsfrist treffen.