Das sogenannte Homeoffice beschäftigt derzeit viele Unternehmen und auch uns in unserer Beratungspraxis. Durch die seit Donnerstag gültige Sars-CoV 2-Arbeitsschutzverordnung wurde eine vermeintliche Pflicht zum Homeoffice eingeführt. In diesem Beitrag beleuchten wir diese Verordnung und geben Hinweise auf wichtige Inhalte einer Vereinbarung mit den Mitarbeitern.
Sars-CoV 2 – Verordnung
Zum Homeoffice regelt § 2 Abs. 4 dieser Verordnung folgendes: „(4) Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.“ In der amtlichen Begründung zu dieser Verordnung heißt es hierzu weiter : „Für die Beschäftigten besteht keine Verpflichtung zur Annahme und Umsetzung des Angebots. Für
die Umsetzung ist es erforderlich, dass die räumlichen und technischen Voraussetzungen in der Wohnung der Beschäftigten gegeben sind und dass zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten eine Vereinbarung bezüglich Homeoffice getroffen wurde, beispielsweise auf dem Wege einer arbeitsvertraglichen Regelung oder durch eine Betriebsvereinbarung. Die Ausgestaltung dieser Vereinbarungen ist den Vertragsparteien freigestellt, insbesondere besteht keine Vorgabe, einen Telearbeitsplatz gemäß § 2 Absatz 7 der Arbeitsstättenverordnung zu vereinbaren und einzurichten.“ Auf die durchaus berechtigten juristischen Fragestellungen, ob eine Verordnung nach dem Arbeitsschutzgesetz überhaupt soweit gehen darf, sei an dieser Stelle nicht eingegangen. Eine unmittelbare Bußgeldfolge hat ein Verstoß gegen die angebliche „Homeoffice-Pflicht“ jedenfalls nicht. Auch soll ausdrücklich kein Klagerecht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bestehen. Bei dieser Regelung dürfte es sich nach alledem um einen zahnlosen Tiger handeln.
Trotzdem empfehlen wir, sich eingehend mit diesem Thema auseinander zu setzen. Nicht zuletzt haben wir selbst damit in den vergangenen Monaten sehr positive Erfahrungen gemacht. Da aber der Gesetzgeber dieses Thema bislang – trotz mehrfacher Gelegenheit hierzu – noch nicht umfassend geregelt hat, müssen zahlreiche Unwägbarkeiten durch eine Vereinbarung geklärt werden, bevor die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in das sogenannte „Homeoffice“ entlassen werden können. Folgende Punkte sehen wir als Mindeststandards an, die jede Vereinbarung beinhalten sollte:
Definition „Homeoffice“ oder „mobiles Arbeiten“
Unter einem Homeoffice verstehen wir Arbeitsrechtler einen fest eingerichteten Arbeitsplatz in der eigenen Wohnung, von dem aus die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbracht wird. Die Möglichkeit der Arbeit außerhalb des Betriebes ist auf diesen, konkreten Arbeitsplatz beschränkt. Dieser Arbeitsplatz unterliegt denselben arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften wie der Arbeitsplatz im Betrieb. Für die Einhaltung ist der Arbeitgeber zuständig. Er muss also für eine ausreichende Beleuchtung oder Belüftung ebenso sorgen, wie für eine ergonomische Beschaffenheit der Büromöbel. Über die technische Einrichtung müssen wir hier an dieser Stelle noch gar nicht erst reden. Entscheidet sich der Arbeitgeber also für einen festen Arbeitsplatz in der jeweiligen Wohnung, muss er sicherstellen, auch Zutrittsrechte zu erhalten, damit er die Einhaltung dieser Verpflichtung jederzeit überprüfen kann. Das dürfte aber weder im Sinne der Arbeitgeber, noch der Arbeitnehmer sein. Hierbei fällt negativ auf, dass im Rahmen der politischen Diskussion nicht unterschieden wird, sondern ausnahmslos von „Homeoffice“ die Rede ist. Gemeint wird aber wohl eher das ortsungebundene Arbeiten, also die sogenannte „mobile Arbeit“. Hier wird der konkrete Ort, von dem aus die Arbeitsleistung erbracht wird, nicht festgelegt. Geregelt wird die Befreiung von der Pflicht zur Arbeit im Betrieb. Die Wahl des jeweiligen Arbeitsortes obliegt dann alleine dem Arbeitnehmer. Dies kann in seiner eigenen Wohnung ebenso sein, wie – sobald diese wieder öffnen können – ein Kaffeehaus, die Bahn, ein Flugzeug oder die Wohnung von Bekannten oder Verwandten. Da es hier keinen festen Arbeitsplatz gibt, finden den die Vorschriften für die Einrichtung des Arbeitsplatzes keine Anwendung. Auch die Bildschirmarbeitsverordnung ist ausdrücklich nicht auf die Profilarbeit anzuwenden. Hier sollte bereits von Anfang an klar in der Vereinbarung festgelegt, was die Parteien vereinbaren möchten. Zu beachten ist bei mobilen Arbeiten, dass dieses wirklich an jedem Ort möglich ist. Das könnte unter Umständen eine kurzfristige Einberufung in den Betrieb erschweren. Die Parteien des Arbeitsvertrages sollten sich daher im Vorfeld genau überlegen, ob eine solche Option bestehen soll, also ob dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin gestattet werden soll, sich auch möglicherweise weit weg vom Betriebssitz zu entfernen. Das wäre der Fall, wenn hierzu nichts geregelt wird. Ist eine kurzfristige Reaktion und ein kurzfristiges Erscheinen im Betrieb aber erforderlich, sollte eine entsprechende Regelung mit aufgenommen werden. Jedenfalls sollte aber klargestellt werden, dass ein mobiles Arbeiten aus dem Ausland nicht möglich ist, da anderenfalls durchaus komplexe steuerrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Probleme entstehen können.
Regelung der technischen Ausstattung
Eine Verpflichtung des Arbeitgebers, seine Arbeitnehmer mit der entsprechenden technischen Ausrüstung auszustatten, besteht dem Grunde nach nicht. Das schließt aber mobile Arbeit nicht aus und ist kein zwingender Ablehnungsgrund. Theoretisch ist nämlich denkbar, dass die Beschäftigten ihre eigene EDV und den eigenen Internetanschluss für das mobile Arbeiten benutzen. Im Grunde ist es also möglich, es bei der einfachen Gestattung von mobile Arbeit zu belassen und darauf hinzuweisen, dass das technische Equipment vom Arbeitnehmer selbst zu stellen ist („BYOD“ = Bring your own device). Erforderliche Daten konnten mit USB Stick mitgenommen werden. Das wirft aber erhebliche datenschutzrechtliche Probleme auf, ebenso wie die Frage nach dem Schutz von Betriebsgeheimnissen und einem möglichen Aufwendungsersatzes durch den Arbeitnehmer. Das kann im Einzelfall äußerst kompliziert werden. Als kurzfristige Lösung ist das aber durchaus denkbar. Wer eine langfristige Lösung anstrebt, sollte die mobil Arbeitenden mit entsprechenden Endgeräten und Software auf eigene Kosten versehen. Geregelt werden sollte dann allerdings auch, dass die Kosten für den Internetanschluss, bei dem man davon ausgehen kann, dass ein Großteil der Arbeitnehmer hierüber verfügt, vom Arbeitnehmer zu tragen sind. Absolut sinnvoll ist es, den mobil Arbeitenden einen VPN-Zugang zum Firmennetzwerk einzurichten, wenn die technischen Voraussetzungen hierzu gegeben sind. Bei einer langfristigen Strategie des ortsungebundenen Arbeitens sollte dies unbedingt erfolgen.
Datenschutz
Zwingend sollte die Vereinbarung über das mobile Arbeiten die Verpflichtungen des Arbeitnehmers regeln, die im Hinblick auf den Datenschutz zu berücksichtigen sind. Neben der Sicherung der Endgeräte ist zu bedenken, dass der Ort des mobilen Arbeitens vom Arbeitgeber nicht gesichert werden kann. Diese Verpflichtungen sollten auf den Arbeitnehmer übertragen werden. Bei Arbeiten in der Bahn oder in einem Flugzeug sollte die Verpflichtung mit aufgenommen werden, die Daten vor einem Einblick Dritter zu schützen und zB bei Verlassen des Sitzplatzes der Laptop zu schließen oder in den Standbymodus zu schalten ist. Weiter muss der mobil Arbeitende dazu angehalten werden, auch im häuslichen Umfeld dafür zu sorgen, dass Daten vor unbefugtem Zugriff Dritter gesichert sind.
Arbeitszeit
Ein besonderes heikles Thema ist die Arbeitszeit bei mobiler Arbeit. Hier gilt grundsätzlich, wie im Betrieb, das Arbeitszeitgesetz. Danach ist eine Höchstarbeitszeit – ohne Pausen – von 8 Stunden, max. 10 Stunden einzuhalten. Es ist dafür zu sorgen, dass regelmäßige Ruhepausen eingelegt werden. Schließlich muss zwischen dem Ende der Arbeit und den Beginn der Arbeit am nächsten Tag eine Ruhezeit von mindestens 11 Stunden eingehalten werden. Für die Einhaltung ist und bleibt der Arbeitgeber zuständig. Er kann dies allerdings auch auf die Arbeitnehmer übertragen. Die geleistete Arbeitszeit muss dokumentiert werden. Dies kann z.B. durch entsprechende Aufzeichnungen der Arbeitnehmer selbst erfolgen, sofern eine digitale Zeiterfassung im mobilen Arbeiten nicht möglich sein sollte. Auf der anderen Seite sollte der Arbeitgeber Führungskräfte sensibilisieren, damit diese bei mobiler Arbeit nicht dem Trugschluss unterliegen, die mobile Arbeitenden stünden nunmehr rund um die Uhr zur Verfügung. Daher sollte von Arbeitsaufforderungen außerhalb der individuellen Arbeitszeit abgesehen werden. Die Vereinbarung einer „offline Zeit“ ist sicherlich sinnvoll, wenn auch nicht zwingend erforderlich. Dass angesichts der Corona-Pandemie das Arbeitszeitgesetz (insbesondere die 11stündige Ruhezeit) an seine Grenzen stößt, wenn zeitgleich Kinder zu betreuen sind, ändert an der Verpflichtung des Arbeitgebers nichts. Es ist aus unserer Sicht durchaus angezeigt, an dieser Stelle das Arbeitszeitgesetz entsprechend anzupassen. Es genügt aber nicht, die Einhaltung dieser Regeln den mobil Arbeitenden zu übertragen und sich dann zurück zu lehnen. Der Arbeitgeber dürfte in diesem Zusammenhang mehr noch als im eigenen Betrieb zu Überprüfung der Arbeitszeiten verpflichtet sein.
Kosten
Fehlt eine Regelung, wer welche Kosten zu tragen hat, gilt das allgemeine Recht. Im Arbeitsrecht gelten insoweit sinngemäß die Regelungen über das Auftragsrecht im BGB. Demnach hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Ersatz der ihm entstehenden Auslagen und Kosten, die er bei der Ausführung seiner Arbeit für erforderlich halten durfte. Mit etwas Fantasie können hier zahlreiche Kosten entstehen, beginnend von einer Kostenbeteiligung an Telefon-und Internetanschluss, über anteilige Heiz- oder Mietkosten, bis hin zum Anspruch auf vollständige technische Ausstattung. Hier ist Streit vorprogrammiert. Im Sinne der Betriebsgeheimnisse sollte der Arbeitgeber Sorge tragen, dass eine Datenverbindung mit einem firmeneigenen Endgerät sichergestellt und von EDV-Profis überwacht wird. Ausgeschlossen werden sollten Kosten für den Internetanschluss oder für Miete oder Heizkosten. Das ist rechtlich zulässig, sollte aber entsprechend klarstellend geregelt werden.
Fazit
Seit Jahren dringen wir darauf, den Faktor der mobilen Arbeit, der bisher leider nur ein Schattendasein gefristet hat, in einem umfassenden Gesetz zu regeln und die zuvor dargestellten Probleme zu klären. Auch wenn man sehr kurzfristig eine pandemiebezogene Vereinbarung zu mobiler Arbeit treffen kann, die organisatorisch auch auf niedrigem Niveau erfolgen könnte, macht es doch Sinn, hier sorgfältig zu arbeiten und auch eine langfristige Strategie im Umgang mit diesem Thema festzulegen. Dass unser Arbeitsrecht von der klassischen industriellen Arbeit geprägt ist, ist bekannt. Wir können an der Stelle nur den Gesetzgeber appellieren, über den Tag hinaus zu denken und jedenfalls im Zusammenhang mit der mobilen Arbeit Flexibilisierungen zuzulassen, ohne den Arbeitsschutz zu vernachlässigen.
Bei der Gestaltung von individuellen Vereinbarung für das mobile Arbeiten stehen wir Ihnen natürlich gerne zur Verfügung.
Das sogenannte „Home-Office“ ist derzeit in aller Munde. Wegen der nach wie vor hohen Corona-Zahlen fordern Politiker eine „Pflicht“ für Arbeitgeber, „soweit möglich“ Home-Office zu ermöglichen. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) fordert eine Verpflichtung zum Home-Office durch die Bundesländer. Er halte es »durchaus für geboten, eine Pflicht zum Homeoffice seitens des Bundes im Verordnungswege zu regeln«, sagte Weil der SPD-Parteizeitung »Vorwärts« (Spiegel-online, 18.01.2021). Bündnis 90/Die Grünen haben am 14.01.2021 einen Antrag in den Bundestag eingebracht, dass u.a. eine befristete Corona-Arbeitsschutzverordnung im Rahmen des § 18 Abs. 3 i. V. m. Abs. 1 Arbeitsschutzgesetzes erlassen werden möge, die Unternehmen während der pandemischen Notlage verpflichtet, ihren Beschäftigten Homeoffice zu ermöglichen, soweit es die betrieblichen Anforderungen in Hinblick auf die Tätigkeit zulassen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung sei mit Bußgeld zu bewehren.
Die Debattenlage ist derzeit gekennzeichnet von viel Theaterdonner und politischen Blendgranaten. Zeit also, sich der Problematik differenziert zu nähern. Die derzeitige Debatte leidet aber unter drei grundsätzlichen Problemen, die wir hier vorab kurz anreißen möchten: Zunächst einmal ist die Verwendung des Begriffs „Home-Office“ äußerst ungenau. Zum zweiten bestehen in diesem Zusammenhang zahlreiche rechtliche Unsicherheiten, die seitens des Gesetzgebers zu klären wären, um für alle Beteiligten die Arbeit von zu Hause verlässlich zu ermöglichen. Schließlich halten wir die Einführung einer „Pflicht zum Home-Office“ im Verordnungswege für den falschen Weg.
Vorab in eigener Sache
Wir arbeiten in unserer Kanzlei bereits seit März 2020 hybrid, haben also die Anwesenheit in der Kanzlei halbiert: So sind immer nur höchstens vier MitarbeiterInnen gleichzeitig in der Kanzlei anwesend, der Rest arbeitet im „Home-Office“, besser gesagt mobil. Hierbei kam uns aber entgegen, dass wir die technischen Voraussetzungen bereits vor gut vier Jahren geschaffen haben. Der finanzielle und organisatorische Aufwand, der im März 2020 noch zu betreiben war, war sehr übersichtlich. Mit dem mobilen Arbeiten haben wir seit nun 10 Monaten sehr gute Erfahrungen gemacht. Mit anderen Worten: Wir stehen dem sogenannten „Home-Office“ daher grundsätzlich sehr positiv gegenüber.
Unklare Begrifflichkeiten
Im Zuge der Diskussion um Einschränkung von Kontakten wird immer wieder die Möglichkeit des „Home-Office“ gefordert. Dabei werden hier aber munter die Begriffe „Home-Office“, „Telearbeit“ und „mobiles Arbeiten“ miteinander vermischt. Unter einem „Home-Office“ versteht man rechtlich die Zuweisung eines festen Arbeitsplatzes in der eigenen Häuslichkeit (Home-Office = Büro daheim). „Mobiles Arbeiten“ wiederum ist die ortsungebundene Arbeit, gegebenenfalls unter Nutzung telekommunikativer Anbindungen. Wo in diesem Fall außerhalb des Betriebs gearbeitet wird, entscheidet also der Arbeitnehmer eigenständig. Ist der Arbeitnehmer mit einem Computer ausgestattet, spricht man von Telearbeit.
Bei der Zuweisung des Arbeitsplatzes zu Hause (=Home-Office) ist der Arbeitgeber für die Einhaltung der Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung verantwortlich. Die Räumlichkeiten müssen u. a. eine ausreichende (künstliche) Beleuchtung, Tageslicht und eine zumutbare Mindestraumgröße für dauerhaften Aufenthalt (Richtwert: ca. 8-10 m2) aufweisen. Neben telekommunikativer Anbindung und technischer Ausstattung treten zahlreiche Aspekte des Gesundheitsschutzes, welche bei der Einrichtung zu beachten sind. Büromöbel müssen bestimmte ergonomische Normen erfüllen und auch die Belüftung stellt ein relevantes Raumkriterium dar. Neben der telekommunikativen Anbindung musste Arbeitgeber grundsätzlich auch die Kosten für die entsprechende mobiliare Ausstattung des Home-Office tragen und organisieren. Die Einhaltung muss darüber hinaus auch vom Arbeitgeber regelmäßig überprüft werden, weswegen dem Arbeitgeber dann auch Zutrittsrechte zu häuslichen Wohnung gestattet werden müssten.
Demgegenüber unterliegt mobiles Arbeiten nicht den Regelungen der Arbeitsstättenverordnung. Das ist daher sehr viel einfacher umzusetzen, als ein „Home-Office“. Es scheint uns, dass zahlreiche Debattenbeiträge zwar „Home-Office“ sagen, stattdessen aber „mobiles Arbeiten“ meinen.
Zahlreiche offene Rechtsfragen
Unabhängig davon, dass offensichtlich schon bei den Begrifflichkeiten geschludert wird, ist bislang nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber die seit Jahren bestehenden und bekannten Rechtsprobleme angeht. Lediglich für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung wurde Ende 2020 eine Gesetzesänderung auf den Weg gebracht. Noch offen ist die Frage, wer die Kosten für Home-Office/mobiles Arbeiten zu tragen hat (Hardware, Software, Möbel, Ausstattung, anteiliger Stromverbrauch und Miete, etc). und wie – insbesondere bei mobiler Arbeit – der Daten- und Geheimnisschutz gewährleistet wird (man stelle sich nur das Arbeiten in der Bahn oder im Flugzeug vor). Soll mobiles Arbeiten auch ohne telekommunikative Anbindung möglich sein (ich nehme mir einen Schwung Papier mit nach Hause, Originale oder Kopien?) oder nur mit Laptop? Kann ich den Arbeitgeber dann zwingen, entsprechende Laptops anzuschaffen und Server zu installieren, die das möglich machen? Das wären dann aber schnell Investitionskosten im fünfstelligen Bereich.
Zu beantworten ist ferner die Frage, ob der Arbeitgeber, der zur Ermöglichung eines „Home-Office“ gezwungen werden soll, dann auch die erforderlichen Kontroll- und Zutrittsrechte eingeräumt erhält, um jederzeit prüfen zu können, ob der Arbeitsplatz zu Hause den Vorschriften entspricht (es darf hier an die Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG erinnert werden). Ebenso offen sind Haftungsfragen: Wie hat der mobil Arbeitende seinen Arbeitsplatz z.B. vor computerbegeisterten Kindern zu schützen? Wer haftet in diesem Fall für Schäden? Wie ist der Umgang mit den Waschkörben voller Papier zu regeln? Die derzeit geltenden Regelungen lösen diesen Fall nur sehr unbefriedigend. Für Detailinteressierte dürfen wir auf die Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zum Referentenentwurf zum „Mobile Arbeit-Gesetz) vom Dezember 2020 hinweisen, an der wir mitgearbeitet haben (https://brak.de/zur-rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmen-deutschland/2020/dezember/stellungnahme-der-brak-2020-86.pdf).
Bislang mussten diese Fragen vertraglich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber geregelt werden, weil gesetzliche Leitlinien fehlen. Sie müssen aber vom Gesetzgeber geregelt werden, wenn dieser Arbeitgeber zu mobile Arbeit/Home-Office verpflichten will.
Keine Regelung durch Verordnung
Der Vorschlag des niedersächsischen Ministerpräsidenten Weil und der Fraktion der Grünen, das Recht zum Home-Office im Wege der Verordnung durchzusetzen, ist falsch und offensichtlich bereits Wahlkampfgetöse. Zwar sieht das Arbeitsschutzgesetz eine Verordnungsermächtigung vor. Mit viel Fantasie ließe sich zwar womöglich auch als eine Maßnahme des Arbeitsschutzes eine Verpflichtung zum mobilen Arbeiten zur Vermeidung von Gefährdungen am eigentlichen, betrieblichen Arbeitsplatz vorstellen. Allerdings löst diese Verordnung keine einzige der oben skizzierten Rechtsfragen. Diese Verordnung müsste zudem bis in die eigene Wohnung reichen, das dürfte wegen Art. 13 GG nicht mehr über eine Verordnung funktionieren.
Darüber hinaus würde eine solche Verordnung in bestehende Arbeitsverträge eingreifen: In den Arbeitsverträgen ist der Arbeitsort in aller Regel verbindlich im Betrieb festgelegt. Sofern diese weder das ortsungebundene Arbeiten, noch das Arbeiten an einem festen Arbeitsplatz in der eigenen Häuslichkeit vorsehen, ist eine Vertragsänderung grundsätzlich nur einvernehmlich möglich. Hier kann nach unserer Überzeugung lediglich durch ein Gesetz eingegriffen werden.
Aus unserer täglichen Beratung wissen wir, dass es sehr häufig nicht am Willen zu häuslicher Arbeit in Pandemiezeiten fehlt, sondern an Unsicherheiten, die aus der Gesetzeslage herrühren. Es wäre eine Menge gewonnen, wenn diese – im Übrigen seit Jahren bekannten – Problemfälle nunmehr gelöst würden.